Was passiert eigentlich mit einem selbst, wenn man anfängt, politisch Stellung zu beziehen? Man merkt relativ schnell, wer mit dir die Meinung teilt oder wer ein Problem mit deiner Einstellung hat. Das wäre bei einer normalen politischen Diskussion auch nicht weiter tragisch. Nur weil jemand die Angie-CDU wählt, muss ich ihn nicht gleich aus meinem Freundeskreis schmeißen. Was aber passiert, wenn du merkst, dass Leute, die du kennst, mit denen du schon öfter was zu tun hattest, auf einmal extremere Tendenzen aufweisen? Die ein Problem mit den vielen Ausländern, die in „UNSER“ Land kommen, haben, aber nicht mit der Burschenschaft in der Nachbarstadt. Ich glaube, man kann sich für zwei Tendenzen entscheiden. Entweder man hält den Mund, lässt die Leute einfach reden und schweigt sich aus, oder aber man bezieht Stellung, sagt, dass diese Meinung menschenfeindlich ist und untermauert es mit gut fundierten Fakten.
Das gilt übrigens auch im Job. Ich hab vor ein paar Wochen einen gut bezahlten Foto-Job für eine große Partei in Sachsen abgelehnt. Auf der einen Seite bei No-Legida gegen diese Partei klare Kante zu zeigen und auf der anderen Seite gutes Geld mit dieser Partei verdienen ging nicht. Dabei war die Entscheidung nicht leicht, hab Leute gefragt und am Ende auf mein Herz gehört. Es passte nicht in meinen Kopf, ich lehnte ab – was wiederum ein Rattenschwanz mit sich brachte. Wenn man sich „gerade“ macht muss man halt auch mit den Konsequenzen leben.
Eigentlich, dachte ich immer, ich sei relativ unpolitisch. Doch an dem Punkt, wo ich jeden Tag mit rassistischer Hetze à la „Das Pack muss Weg“ – „Der Dreck soll zuhause bleiben“ – „Wir wollen euch Flüchtlinge hängen sehen“ konfrontiert bin, kann ich einfach nicht mehr wegschauen. Ihr redet da über Menschen. Was ist los? Ob es in privaten Gesprächen, auf Facebook oder auf der Arbeit ist: ihr könnt euren Mund gegen diese Hetze aufmachen. Wer unkommentierte rassistische Kommentare so stehen lässt, gibt dem ganzen noch einen Nährboden für mehr Rassismus, mehr Hetze, mehr Negativität.
Warum ich das hier auf meine „Business-Fotoseite“ schreibe? Ist das nicht geschäftsschädigend? Ja kann sein, es kann auch sein, dass ich wegen solchen Äußerungen weniger Aufträge bekomme. Aber ehrlich, lieber verhunger ich, als für irgendwelche braun angehauchten Kameraden Fotos zu schießen.
Ich hab die Schnauze voll.